Gruene Tara
Grüne Tara

Tantra ist ein ganzheitlicher Ansatz des Studiums des universalen aus der Perspektive des Individuums. Das Studium des Makrokosmos durch das Studium des Mikrokosmos. Dabei bedient Tantra sich aller Wissenschaften die uns zur Verfügung stehen – Astrologie, Physik, Chemie, Mathematik, Alchemie, Psychologie usw. – als praktische Mittel um die höchsten Ideen und Ideale im täglichen Leben zu realisieren. Anstatt die verschiedenen Bereiche menschlichen Wissens zu trennen und zu kategorisieren, bindet Tantra diese zusammen wie Perlen an einer Schnur. Diese wunderschöne Kette bildet ein einzigartiges Instrument um das physische, mentale und spirituelle Leben der Menschheit zu erweitern.

Harish Johari – Tools of Tantra

In Tantra arbeiten wir mit allen Energien die uns als Menschen zur Verfügung stehen. Da wir als Menschen einer Programmierung von Kategorisierung und Trennung durch Logik unterliegen, fällt es uns schwer ein komplettes Bild von Tantra zu erstellen. Der Begriff Tantra versucht dabei diese Kategorien aufzubrechen und darüber hinaus zu gehen, um die universalen Möglichkeiten unseres menschlichen Bewusstseins zu erweitern. Im Tantra Yoga ist es von Bedeutung unsere Gedanken, Begehren und Emotionen zu verfeinern, um Frieden sowie Balance herzustellen. Tantra ist in dem Sinne ein komplett offenes Konzept. Wir arbeiten dabei mit jeder Energie, welche in der Natur existiert.

Tantra, Yoga und Tantra-Yoga

Beim Unterschied zwischen Tantra und Yoga, wird uns die Bedeutung noch einmal deutlicher. Im Ashtanga Yoga, der achtgliedrigen Einteilung von Bereichen im Yoga, geht es darum Prozesse zu stoppen. Wir stoppen schlechte Verhaltensweisen (Yama, Nyama), stoppen Bewegung (Asana), stoppen Atmung (Pranayama), stoppen die Sinne (Pratyahara, Dharana, Dhyana) und stoppen selbst zu „sein“ (Samadhi). Genauso ist Kundalini Yoga ein Bereich des Tantra Yoga.

Acht Limbs im Ashtanga Yoga @Ian Alexander

Das Universum besteht aus Prana und konzentriertes Prana wird zu Kundalini. Im Kundalini Yoga arbeiten wir mit Energie, dabei machen wir keinen Unterschied in der Beurteilung von Energie. Energie kann verschiedene Formen annehmen, bleibt aber Energie. Somit bedienen wir uns sexueller Energie, rohe, negative Emotionen oder gesellschaftlich nicht akzeptierte Formen von Energie, wie Exkremente oder Blut. Tantra wirkt durch diese Offenheit extrem und möglicherweise auf manche Kulturen abstoßend, es hängt hier aber mehr von der Intention des Praktizierenden ab, also warum diese Dinge eingesetzt werden.

Gleichzeitig beinhaltet Yoga auch tantrische Elemente, da wir hier auch mit Energie arbeiten und im Tantra wiederum yogische Praktiken umsetzen. Der fließende Übergang entsteht durch das offene „Nicht-System“. Die Einteilung von Energiesystemen ist daher auch entscheidend zur Verständnis der Bedeutung von Tantra.

Chakras, Begierden und Kundalini

Wir können dieses Beispiel gut darstellen an den Chakren, den typischen Merkmalen eines Chakras und die Wünsche, welches das jeweilige Chakra mit sich bringt. Wir durchlaufen auf ganz natürliche Weise die Chakren in Stufen unseres Lebens.

Wir beginnen unser Leben mit den unteren Chakren wo wir als Babys und Kinder interessiert sind an Stabilität – im ersten und zweiten Chakra. Im Teenager Alter durchlaufen wir das dritte Chakra mit Interesse an Spaß und Unterhaltung im Leben, sowie einen Status in der Gesellschaft zu erlangen. Später im Leben gelangen wir zu den oberen Chakren mit der Erfahrung Liebe zu geben, Wissen anzusammeln und spirituelle Verbundenheit zu erlangen. Wir durchlaufen auf ganz natürliche Weise diesen Prozess.

Chakras

Kundalini Energie ist der Treiber dieser Chakren und wenn wir Kundalini verstärken, so verstärken wir auch die Bedürfnisse des jeweiligen aktiven Chakras. Das ermöglicht die Chance einer beschleunigten Entwicklung in unserem Leben. Sollten wir allerdings eine zu starke Blockade in einem Chakra besitzen und wir sind psychisch noch nicht ausgereift genug um damit umzugehen, können sich Neurosen oder negative Emotionen verstärken. Kurz gesagt – Tantra kann es uns ermöglichen eine beschleunigte Entwicklung zu durchlaufen, bietet aber gleichzeitig die Möglichkeit ungewollte Verhaltensweisen zu bestärken.

Mutter Natur als Göttin

Oftmals sehen wir hinduistische und Gottheiten des tibetischen Buddhismus im Tantra. Solche Gottheiten sind Werkzeuge, um unsere grobstofflichen Energien zu feinstofflicheren Energien zu transformieren. Die Gottheiten sind Aspekte der Natur und bieten für das Individuum einen Fixpunkt. Es gibt hier viele für den persönlichen Geschmack und der Darstellung verschiedener Aspekte der Natur. Es verweist auch auf einen Kodex im weißen Tantra, dass wir uns bei tantrischen Praktiken an die Gesetze der Natur halten. Den Ansatz von positiver Förderung und Entwicklung der menschlichen Erfahrung auf natürlichem Wege.

Beim schwarzen Tantra geht es um Praktiken, mit einer egoistischen Ausrichtung des Praktizierenden und dem Ergebnis der persönlichen Bereicherung oder Schädigung anderer Menschen. Es ist ein Unterschied, ob wir natürliche Aspekte mit Respekt und Liebe unterstützen, um ein positives Ziel zu erreichen oder ob wir egoistisch und schädigend vorgehen.

Rotes Tantra und Sexualität

Tara Statue

Dies gilt auch für das rote Tantra. Hier arbeiten wir mit Sexualität als grundlegender Energie. Als sehr mächtige Kraft, kann diese Energie uns helfen schnelle Fortschritte zu machen, wir können aber genauso noch mehr dem Ego verfallen. Sexuelle Energie beinhaltet sehr viel „Rajas“ – ist demnach sehr grobstofflich. Die Umwandlung von der grobstofflichen, sexuellen Energie zur feinstofflichen, meditativen Energie, ist daher sehr schwierig.

Es ist nichts falsch daran, sich mit seiner Sexualität auf körperlicher Ebene zu befassen. Männliche und weibliche Energie zu vereinen führt zu Balance. Der Vergleich zu Shiva und Shakti ist hier aber irreführend. Jeder menschliche Körper besitzt beide Aspekte. Die Umwandlung zu tieferen Ebenen des Bewusstseins über die „Koshas“, wird uns hier nur sehr schwer gelingen, wenn wir nicht z. B. Meditation oder Bhakti Yoga integrieren. Sex ohne Liebe, kann uns nicht sehr weit bringen.

Shiva und Parvati

Dabei gilt auch im Tantra, das oftmals nichts so ist wie es scheint. Auch wenn jemand Blut oder Knochenschädel im Ritual einsetzt, so kann das ein humorvoller Hinweis auf unsere Sterblichkeit sein. Selbst ein heiliges Ritual mag uns von außen merkwürdig vorkommen. Nur weil ein Lehrer sich weise und gewinnbringend verkauft, sollten wir trotzdem immer kritisch bleiben. Oftmals sehen wir bei Social Media angebliche Kundalini Erweckungen, dies ist oftmals nur Prana, welches sich im Körper bewegt. Eine volle Erweckung von Kundalini würde uns direkt in Samadhi versetzen. Oftmals entwickeln Studenten bei der Ausführung von tantrischen Techniken, noch mehr Ego.

Mutter Natur ist unser Vorbild und ist somit die ultimative Göttin, auf die wir uns ausrichten, um mit unserem Bewusstsein vom Mikrokosmos zum Makrokosmos zu gelangen.

Mantra, Yantra, Konzentration und Ritual in Tantra

meditation lernen
Gayatri Yantra

Diese Werkzeuge dienen auch zur besseren Einordnung und geben uns etwas greifbares an die Hand:

  • Mantra ist eine Zusammensetzung von Silben deren Töne einen Einfluss auf unser menschliches System haben. Mantras sind ein fundamentales Werkzeug durch die Transformation unseres groben Bewusstseins in feinstofflichere Zustände.
  • Yantra ist die visuelle Darstellung eines Mantras um die Konzentrationsfähigkeit zu fördern.
  • Konzentration ist die wesentliche Fähigkeit in Yoga und Tantra. Die Fähigkeit sich ohne Unterbrechung von Gedanken auf ein Objekt auszurichten, ist wichtig für den Erfolg bei der Transformation von Energie in tantrischen Praktiken.
  • Rituale sind eine Sprache um sich mit der spirituellen Welt zu verständigen. Zudem werden Rituale in allen Kulturen durchgeführt um dem Individuum bei der psychischen und psychologischen Transformation zu einem höheren Bewusstsein zu unterstützen.

Meditation als tantrische Praxis

In Meditation kommen diese Werkzeuge alle zusammen. Wir können das Mantra als Meditationsobjekt nutzen, ein Yantra zur Verbesserung der Konzentration und Konzentration selber um in tiefe Meditation zu gelangen. Wir können vor der Meditation und danach ein Ritual ausführen um die spirituelle Verbindung zu verstärken. Wir sind als Studenten des Tantra somit in der Lage unsere yogischen Praktiken energetisch aufzuladen mit tantrischen Praktiken.

Offenheit vs. Tradition

Im Tantra spielt die Schüler und Lehrer Beziehung eine wichtige Rolle. Dabei wird der Lehrer seine Form des Tantra geben dass er selber erlernt hat und Regeln unterliegt. Dabei kann ein Meister in einer Höhle leben und mit Knochenschädeln oder Blut arbeiten, wie ein Agori. Ein anderer Lehrer arbeitet vielleicht mit ganz anderen Materialien wie Blumen und lieblichen Objekten und mit ganz anderen Regeln. Etwas das uns abstößt, kann uns den Weg weisen. Ein Lehrer der nur unser Ego umschmeichelt, kann unsere spirituelle Entwicklung blockieren

Agori

Beide Traditionen haben aber das gleiche Ziel, das Bewusstsein des Schülers zu erweitern. Die Offenheit von Tantra hat dadurch viele verschiedene Traditionen hervor gebracht welche Regeln beinhalten. Die Transformation von Energie kann unsere spirituelle Entwicklung beschleunigen, wir können gleichzeitig aber dadurch weiter zurück fallen. Deshalb gibt es Traditionen, Regeln und Lehrer.

Von Lehrer zu Schüler

Vyasa erzählt eine Geschichte

Aufgrund der Flexibilität und Offenheit im Tantra, ist es wichtig mit einem erfahrenen Lehrer zu arbeiten, der seine spezielle Tradition an den Schüler weiter gibt. Gerade auch wegen der schweren Zugänglichkeit des Individuums zu dem Thema und der Verantwortung für uns selbst und andere, wenn wir Energien transformieren, gewinnt die Lehrer-Schüler Beziehung stark an Wichtigkeit. Es wird gesagt, der Lehrer erscheint wenn der Schüler bereit ist. Die Zeichen, welche sich bemerkbar machen, sind oftmals schwierig zu verstehen und leicht zu übersehen. Ein Lehrer wirkt daher wie ein Leuchtturm, um uns auf diesem Weg zu führen.

Perfektion ist eine Illusion

Wir sollten aber auch nicht zu versessen sein auf unserem spirituellen Weg. Das Verlangen zu lernen und einen Lehrer zu finden, sollte daher ein natürlicher Wunsch sein und nicht geprägt, von egoistischen Antrieben. Das gesamte Universum bildet sich aus dem Ego, doch hier gibt es Level der Anhaftung. Gerade wenn wir in diesen Prozessen schwierige Emotionen und negative Gedanken durchlaufen, sollten wir versuchen, gleichzeitig eine entspannte Haltung einzunehmen. Eine Haltung der Nicht Anhaftung.

Fazit

Tantra ist ein extrem offenes System und folgt vielen Traditionen. Es gibt eine Lehrer – Schüler Beziehung, sowie Werkzeuge die definiert werden können. Die Übergänge von Yoga und Tantra Yoga sind fließend und schwierig einzugrenzen. Daher ist es wichtig, die Tradition zu respektieren. Dies finden wir auch im Neo Tantra wieder. Falls du Interesse hast mit Mantra Tradition zu bringen oder mehr über Tantra auf authentische Weise zu erfahren, melde dich gerne bei mir.